Mental Load: die unsichtbare Last
Was ist mental Load?
Mental Load ist die unsichtbare Last der Verantwortung über die alles, was im Famlienleben anfällt. Es sind also nicht die eigentlichen To Do’s im Familienleben – also die Care-Arbeit, sondern Mental Load bezieht sich auf die damit einhergehende Verantwortung und Last, die im Kopf entsteht. Das ständige Rattern im Kopf, damit der Alltag funktioniert.
Es ist vergleichbar mit Projektmanagement: es geht um all das, was im Zusammenhang mit Aufgaben und einem funktionierenden Familienleben gedacht werden muss. Was muss besorgt werden? Was vorbereitet? Welche Entscheidungen stehen an? Was könnte passieren? Welche Fortschritte bestehen zu welcher Aufgabe? Woran muss noch gedacht werden? Was sind die nächsten Schritte?
Es geht um die mentale Last, die durch die Verantwortung für Haushalt, Beziehungen, Auffangen von persönlichen Bedürfnissen und Gefühlen entsteht.
Beispiele für Mental Load
Ich möchte dir zwei alltägliche anschauliche Beispiele geben, die Mental Load gut verdeutlichen.
Dir fällt ein, die nächste U-Untersuchung für den Sohn wird fällig. Der zusammenhängende Mental Load ist: Gibt es schon einen Termin? Habe ich die Schule über die Fehlzeiten informiert? Wie fahren wir dahin? Wer von uns fährt? Wann müssen wir los? Müssen andere Termine deswegen abgesagt werden? Was muss ich vorbereiten für den Termin? Wo sind die Dokumente, die ich mitbringen muss? Könnte unser Sohn vorher ängstlich sein, weil es eine Impfung gibt? Wie bereite ich ihn vor? …
Die Tochter muss einen Kuchen für die Kita mitbringen. Der damit zusammenhängende Mental Load ist: welchen Kuchen backe ich? Oder hat der Papa Zeit zum backen? Was muss ich beachten, gibt es Unverträglichkeiten? Welche Zutaten brauche ich? Haben wir die da? Was muss noch besorgt werden? Fahren wir an dem Morgen mit dem Auto, damit wir den Kuchen besser transportieren können? Wann backe ich den Kuchen? Möchte die Tochter mitbacken? …
Wieso Frauen mehr betroffen sind
Studien zeigen, dass die Care-Arbeit und der einhergehende Mental Load ungleich verteilt sind. Frauen wenden deutlich mehr Zeit für unbezahlte Care-Arbeit auf (siehe z.B. Bundesministerium für Familien und Senioren (BMFSFJ): Gender Care Gap – ein Indikator für die Gleichstellung.)
Dadurch liegt auch mehr Mental Load bei den Frauen. Dieser Effekt lässt sich übrigens nicht dadurch erklären, dass Männer im Schnitt mehr arbeiten als Frauen. Denn auch dort, wo beide Partner gleich viel arbeiten, liegt mehr Care-Arbeit bei den Frauen. Und bei den Paaren, wo Frauen weniger arbeiten als Männer, ist die Care-Arbeit proportional weiterhin deutlich höher als durch die wenigere bezahlte Arbeitszeit des Mannes ausgeglichen würde.
Aber wieso übernehmen Frauen übermaßig Care-Arbeit und diese mentale Verantwortung? Selbst in „modernen“ Beziehungen?
Wenn man der Frage nachgeht, stoßen wir auf ein komplexes System aus äußeren Einflüssen und Ansprüchen, eigenen Erwartungen und Ansprüchen sowie Systemisch-gesellschaftlichen Gegebenheiten.
Die traditionellen Rollenbilder, dass die Frau für die Care-Arbeit und die Familienorganisation die Verantwortung trägt, sind immer noch tief in uns verankert. Frauen wachsen damit auf und leben es größtenteils so, dass sie verantwortlich für die Familie sind. Mädchen werden auch heute noch häufig so sozialisiert, dass sie sich kümmern, um andere sorgen, freundlich und lieb sind. Dieses Verhalten zeigen sie dann auch übermäßig in Beziehungen und später im Familienleben. (Ich möchte hier ausdrücklich anmerken, dass ich keine der Eigenschaften als „schlecht“ darstellen möchte. Nur die einseitige Übertreibung kann dann zu starren Rollenbildern und zur extremen Last werden).
Hinzukommen die heutigen Rollenerwartungen an moderne Mütter, die per se schon nicht erfüllbar sind. Sie gleichen dem Mythos Supermama. Eine Mutter, die ihre Kinder fördert und für sie da ist, gleichzeitig beruflich erfolgreich ist, auf ihren Körper achtet und gut aussieht, Aufgaben übernimmt und sich engagiert, …
Die traditionellen Rollenbilder, unsere gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und äußere Erwartungen führen dann oder verstärken dann noch den eigenen Anspruch, den Mütter an sich selber haben. Denn sie wollen ja eine gute Mutter sein. Dies führt häufig dann dazu, dass Mütter durch Perfektionismus, selber machen und viel Kontrolle, das System unwissend selber noch verstärken.
Folgen von mental load
Die Folgen von mental load können im Prinzip alle Folgen sein, die auch mit viel Stress assoziiert sind.
Unmittelbare Folgen von mental load können sein:
- Sich ständig abgehetzt fühlen
- Der Kopf kann nicht mehr abschalten, das Gedankenkarussel rattert ununterbrochen
- Innere Unruhe
- Schlechte Laune und Gereiztheit
- Körperlich und mental ausgelaugt fühlen
Wenn der mental load anhält, kann die mentale Belastung zu langfristigen und auch schweren körperlichen, emotionalen und sozialen Folgen beitragen. Wichtig ist zu erwähnen, dass mental load dann häufig nicht die einzige Ursache ist und auch nicht kausal allein verantwortlich, aber einen großen Anteil trägt.
Mögliche langfristige Folgen können sein:
- Sich ausgebrannt fühlen
- Körperliche und emotionale Erschöpfung
- Konflikte in der Beziehung
- Leistungsabfall in anderen Lebensbereichen
- Alle Folgen, die auch mit zu viel Stress assoziiert sind wie psychosomatische Beschwerden, Schlafstörungen, …
Was wichtig ist, wenn wir etwas gegen mentalload tun wollen
Wenn du wirklich wirksam etwas gegen deinen mentalload tun möchtest, dann muss das Thema an der Wurzel angepackt werden:
Es geht nicht nur darum, die ausführende Arbeit zu reduzieren, also mehr Aufgaben abzugeben, sondern vor allem darum, auch die Denkarbeit und Verantwortung für Themen abzugeben.
Bessere To-Do Listen und mehr Aufgabenverteilung können helfen – der mental load wird aber – solange eine Person zu Hause für die Mehrheit der in der Familie anfallenden Dinge weiterhin die Verantwortung trägt, nicht wirklich reduziert.
Das bedeutet auch, dass dieses Thema am besten als Paar zu Hause gemeinsam angegangen wird! Wichtige Elemente, um den mental load in der Familie besser zu verteilen:
- Aufgabenteilungen und Verantwortungen bewusst verhandeln!!!
- Familiäres Engagement beider Elternteile und Bereitschaft, alte und gewohnte Denkstrukturen aufzubrechen
- Wertschätzung von Care-Arbeit
- Regelmäßige, offene Kommunikation miteinander
Was tun gegen mental load
Um das Thema mental load in der Familie wirklich nachhaltig anzugehen, geht es vor allem um zwei primäre Ziele:
- Wo es möglich ist, den mental load zu reduzieren
- Den vorhandenen mental load besser zu verteilen
Um dahin zu kommen, benötigt es eine Mischung aus Kommunikation und Sichtbarmachen, Bereitschaft zur Arbeit an Einstellungen und Verhalten sowie einer guten Organisation in der Familie.
Was kannst du konkret tun, um die Verantwortung für den Familienalltag zu reduzieren oder besser zu verteilen?
1. Sichtbarmachen aller Aufgaben und Verantwortungen in der Care-Arbeit
Das meiste im Thema mental load ist eben die unsichtbare Arbeit. Um überhaupt etwas zu verändern, muss diese erst einmal sichtbar gemacht werden. Meistens ist den Betroffenen selbst das Ausmaß des mental load nicht wirklich bewusst.
Also: wirklich alle Aufgaben aufschreiben und einen Zeitaufwand dafür festhalten.
Aber auch eine einfacher Zettel reicht =)
2. Anforderungen und Erwartungen in den einzelnen Aufgaben klar machen
Bevor ich nach dem ersten Schritt gleich los geht und die Aufgaben und Verantwortungen neu aufteilt, ist dieser Schritt immens wichtig. Hier geht es nämlich darum, die einzelnen Aufgaben kritisch unter die Lupe zu nehmen und zu hinterfragen, ob, in welchem Ausmaß und Umfang und mit welchem Ergebnis es die einzelnen Aufgaben überhaupt braucht.
Zum Beispiel: muss überhaupt noch gebügelt werden? Oder ist das einfach weniger wichtig als Lesezeit mit den Kindern? Muss es der selbst gebackene Kuchen sein oder kann ein Kuchen gekauft werden?
In diesem Schritt werden familiäre Prioritäten gebildet und Erwartungen miteinander abgeglichen.
Dazu braucht es ganz viel Offenheit und Bereitschaft Miteinander die beste Lösung zu finden.
Ein wichtiger Schritt ist es auch die eigenen Erwartungen und Ansprüche kritisch zu hinterfragen. Vor allem für viele Frauen ist es genau hier wichtig zu lernen, den eigenen Perfektionismus zu hinterfragen. Es ist einfach nicht möglich, den Mythos Supermama zu erfüllen. Was sind die Dinge, die wirklich wichtig sind im Familienalltag? Wo können Abstriche gemacht werden? Wenn alle Aufgaben offen liegen: was ist das, wo der Fokus drauf gelegt werden soll?
Das ist nicht mit einem Gespräch getan oder hat sich erledigt, weil man sich den Perfektionismus einmal bewusst macht. Es ist aber extrem wichtig anzufangen, daran zu arbeiten.
3. Aufgaben und Verantwortungen aufteilen
Ist klar, was alles anfällt und was die Erwartungen in den einzelnen Aufgaben sind, geht es um die Aufteilung.
Das aller wichtigste dabei ist: Es werden nicht „nur“ die einzelnen Aufgaben aufgeteilt, sondern auch die Verantwortung dafür! Es sollte klar sein, wer wofür zuständig ist und dann auch die Verantwortung trägt!
Sonst bleibt die Denkarbeit bei einer Person und die andere Person ist ein „ausführendes“ Organ.
Ein Beispiel: bei uns ist die Verantwortung für das Thema „Drogerieartikel“ in unserem Prozess von mir zu meinem Mann übergegangen. Wir können zwar alle eine Drogerie-Einkaufsliste befüllen, wenn uns etwas auffällt, was wir brauchen. Aber das regelmäßige Durchgehen und Bestellen (ja, wir haben diesen Prozess durch Internetbestellungen vereinfacht und verkürzt), ist die Aufgabe meines Mannes. Und er trägt auch die Verantwortung, wenn das Shampoo alle ist 😉 Für meine mentale Belastung hätte es mir nicht viel geholfen, wenn ich weiterhin darauf achte, dass alles da ist und alles fehlende aufschreibe – und mein Mann es „nur noch“ bestellen muss.
Ein kleiner Tipp: es macht sehr viel Sinn, in diesem Schritt auch zu überlegen, wer macht denn welche Aufgabe gerne? Es gibt einfach Dinge, die machen dem einen mehr Spaß als dem anderen.
4. Es braucht einen praktischen und umsetzbaren Planungsprozess in der Familie
Bei dem Thema mental load ist es nicht vorbei, wenn man sich als Paar oder Familie einmal miteinander hinsetzt und grundsätzlich überlegt, wer was übernimmt. Für die Familienorganisation braucht es eine gute Planung, die regelmäßig angeschaut werden muss.
Für die eigentliche Famlienorganisation gibt es viele tolle Tipps und Ideen. Es ist wichtig, das richtige für die eigene Familie zu finden.
Wir haben ein Familienboard, in dem To Dos aufgeschrieben und zugeteilt werden, außerdem unsere Wochenplanung sichtbar ist. Einmal die Woche planen wir – wir versuchen es zumindest 😉 Zudem arbeiten wir mit einer wöchentlichen Essensplanung, einem digitalen Kalender und regelmäßigen Gesprächen. Da wo wir können, beziehen wir die Kinder mit ein.
Weitere Tipps im Zusammenhang mit mental load
An der Aufgabenlast allgemein arbeiten:
Ein großes Thema in Zusammenhang mit mental load bei Familien ist auch immer die Aufgabenlast insgesamt.
Dabei kann ein hilfreiches Grundprinzip sein, dass man für sich ganz klar hat, was die Prioritäten sind.
Dabei hilft es zu lernen,
Etwas, das vor allem Frauen häufig nicht leicht fällt.
Buch-Tipp
Mein Buchtipp zum Thema Mental Load: Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles. Von Laura Fröhlich.
Schau dir dazu meinen Blogbeitrag an
Digitale Helfer nutzen
Die Mentalload Expterin Laura Fröhlich hat dafür sogar eine tolle Excel Liste entwickelt, die du dir hier herunter laden kannst.
Das Start-up Equaly hat eine digitale Lösung kreiert, um den Mental Load in Partnerschaften sichtbar zu machen und besser aufzuteilen. Ihre Internetanwendung begleitet Paare bei dem Prozess der Umsetzung. Durch vorgeschlagene Aufgabenbereiche und Check-ins wird der Prozess für die Paare vereinfacht. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit zu live-Sessions zu bestimmten Themen sowie Community Austausch.
Hi, ich bin Julia
Als Coach begleite ich Menschen, die keine faulen Kompromisse mehr machen möchten und von ganzem Herzen erfüllt durchs Leben gehen möchten.
Und die bereit sind, etwas dafür zu verändern – ob beruflich oder privat.
Der Entwicklungsprozess dafür beginnt in deinem Inneren und wird durch mein professionelles Coaching unterstützt. Denn neben Mut, Kraft und Ausdauer verlangt diese Veränderung vor allem mentale Stärke, Klarheit und Strategie.
Mehr als 1.000 Personen durfte ich schon in ihrer Entwicklung begleiten. Vielleicht bald auch dich?
Was mich von anderen unterscheidet: Ich coache methodisch flexibel, bin Diplom Psychologin und wurde an den besten Instituten Deutschlands zum Coach ausgebildet. Außerdem viele Jahre als Beraterin und Personalerin in der Wirtschaft gearbeitet und bringe auch privat einen großen Erfahrungsschatz mit.